Sebastian Ruf, Sohn des Absamer Dorfschmieds, hatte sich ein Medizinstudium in Wien nicht leisten können und war stattdessen am Priesterseminar in Brixen ausgebildet worden. Nach Stationen als Seelsorger in der Leutasch und in Tobadill kam er 1837 als Hauskaplan nach Hall und blieb in dieser Funktion bis zu seiner Pensionierung 1872. Hier verfasste er ab den 1850er Jahren mehrere Schriften zur gerichtlichen Medizin und Kriminalpsychologie. Angeblich soll ihm die Heilung kranker Seelen besser gelungen sein, als vielen anderen geistlichen und auch weltlichen Ärzten. Kaplan Ruf war Mitglied gelehrter Gesellschaften sowie im Mittelpunkt des lokalen literarisch-politisch-liberalen Umfelds tätig. M.H.
Zitat: Aus einem Brief des Sebastian Ruf an Ludwig Steub, zitiert in: Ludwig Steub, Sängerkrieg in Tirol. Erinnerungen aus den Jahren 1842–1844, Stuttgart 1882, S. 83. "Ich glaube an meine Ueberzeugungen so wenig, als an meinen Glauben. Unser Räthsel kann sich nur im Jenseits lösen, wenn es ein solches gibt. Bei meinen Irren könnte ich mit Kant und Fichte gar nichts ausrichten, aber ein schöner Spruch aus der Bibel und das Versprechen einer bessern Welt erhebt sie. Wenn ich die gute Wirkung sehe, glaube ich mitunter selbst daran. Was uns am Höchsten stehen muß, das ist die Humanität. Alle Dogmen und alle Religionen sind nur die Bindfäden, die sie festigen sollen. Ich stimme daher mit dem Christenthume vollkommen überein und predige seine Lehren ohne Hinterhalt." |
"Sebastian Ruf Anstalts-Kaplan". Quelle: Ernst Klebelsberg, 100 Jahre Heil- und Pflegeanstalt, in: Bericht der Landes- Heil- und Pflegeanstalt für Geistes- und Nervenkranke in Hall i. T. für das Jahr 1930, S. 14. |